Vlatko Knezevic, SWC-Geschäftsführer
Die Stadtwerke Cottbus GmbH (SWC) schreibt keine Millionenverluste mehr. Der letzte Jahresfehlbetrag lag bei einer halben Millionen Euro. In drei bis fünf Jahren könnte das Unternehmen stabilisiert sein, sagt Vlatko Knezevic im RUNDSCHAU-Interview. Der 35-jährige Wirtschaftsingenieur ist seit Juli neuer Geschäftsführer des Cottbuser Unternehmens.
Die Stadtwerke haben unruhige Monate hinter sich: Vertriebsleiter und Geschäftsführer haben das Unternehmen verlassen, der Verkauf an eine polnische Holding ist geplatzt Wie bringen Sie wieder Ruhe ins Haus?Die Arbeit der Stadtwerke hat sich durch die personellen Wechsel nicht verändert. Die Voraussetzungen für ruhigere Fahrwasser sind von meinen Vorgängern eingeleitet worden: Durch die Änderung von technischen Prozessen läuft das Heizkraftwerk jetzt stabiler und an mehr Tagen im Jahr. So ist durch die Aufbereitung der Heizflächen der Wirkungsgrad der Anlage verbessert worden und durch den Einsatz neuer Technologien zur Beseitigung der Ablagerungen in den Zyklonen konnten die Ausfallzeiten des Kohlekessels minimiert werden. Die Dampfnetzumstellung auf Warmwasser hat begonnen. Die Investitionssumme von elf Millionen Euro, die in den nächsten drei Jahren dafür ausgegeben wird, spricht dafür, dass die Gesellschafter (Stadt Cottbus und Deutsche Kreditbank, d.Red.) hinter den Stadtwerken stehen. Die riesigen Verluste, die die Stadtwerke noch vor einigen Jahren eingefahren haben, sind auch Geschichte. Der Konzern schreibt insgesamt eine kleine schwarze Null. Die Stadtwerke GmbH hat ein kleines Minus.
Dennoch: Der Ruf der SWC durch die Beinahe-Pleite und das unausgereifte Heizkraftwerk (HKW) ist nicht gerade gut. Was reizt Sie, das Unternehmen zu führen?Dadurch, dass es tatsächlich so war, ist die Aufgabe interessant, verantwortungsvoller und anspruchsvoller. Die meisten kleineren Stadtwerke haben übrigens mit ähnlichen Pro blemen zu kämpfen. Zwar nicht mit einem HKW, aber mit neuen Gesetzen, ständig geänderten Vorgaben in der Energiewirtschaft, wie Kartellrechten, Wettbewerbsliberalisierung, Netzregulierung. Von Stadtwerken wird immer mehr erwartet mit gleichzeitig sinkenden Erlösen, wie das durch die Netzentgeltregulierung passiert. Das große Problem ist die Verteilung der Energiewirtschaft. Große Konzerne erzeugen 90 Prozent, und dann gibt es Stadtwerke, die zwangsweise bei denen einkaufen müssen. Im Endeffekt bezahlen die Stadtwerke ihren eigenen Kundenabgang. Dadurch, dass die großen Konzerne durch hohe Energiepreise riesige Gewinnmargen haben, insbesondere beim Strom, investieren die Großkonzerne in eigene Discounter. Die werden wiederum von den Stadtwerken, die mit den hohen Preise die Discounter mitfinanzieren, Kunden ab.
Dadurch wird der Sinn von Stadtwerken konterkariert: Kommunen wollten ja dadurch Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen. Haben Stadtwerke langfristig überhaupt eine Chance?Ja, haben sie. Es ist eine Milchmädchenrechnung, wenn man denkt, wenn ein Energie-Discounter billig verkauft, dass dies gut für die Kunden ist. Das stimmt nur temporär. Sollten Stadtwerke vom Markt verschwinden, dann würde es auch keine Billiganbieter mehr geben. Dann bleibt es beim Monopol der Großkonzerne. Die Verantwortung für die Kommunen und Regionen kann aber nur bei Stadtwerken liegen. Nur wer vor Ort ist, beschäftigt Menschen aus der Region und nutzt für Investitionen die Unternehmen und Handwerker der Region. Großkonzerne haben gar kein Interesse, vor Ort zu investieren.
Aber dem widerspricht ja das Ansinnen der Anteilseigner, die weiter verkaufen möchten?Bei den gescheiterten Verkaufsgesprächen ging es nicht um einen Verkauf an einen der vier deutschen Großkonzerne, sondern an eine polnischen Holding, für die die Stadtwerke Cottbus ein Türöffner für den deutschen Markt gewesen wäre. Der Verkauf an solch ein Unternehmen wäre ein Vorteil, weil das ein Interesse hätte, in die Stadtwerke zu investieren statt zu reduzieren. Momentan sind mir keine neuen Gespräche bekannt. Ich gehe davon aus, dass die Stadtwerke zuerst stabilisiert werden sollen. Dafür sehe ich gute Chancen in einem Zeitraum zwischen drei und fünf Jahren.
Im vorigen Jahre sind die Stadtwerke-Kunden durch eine eue Tarif- und Preisstruktur sowie eine neue Anschlusswert-Berechnung verärgert worden. Worauf müssen sie sich noch einstellen?Es wird keine weiteren Vertragsumstellungen geben. Ich muss aber sagen, die waren längst überfällig. Die Verträge waren vorher zu kompliziert. Das hat auch zu Kundenunzufriedenheit geführt. In einem nächsten Schritt wird jetzt vereinfacht, das heißt zum Beispiel, dass wir künftig Preisänderungen für alle Tarife einheitlich acht Wochen vorher ankündigen. Wir werden unsere Erreichbarkeit verbessern. Unsere Telefonanlage wird umgestellt, damit Kunden nicht ständig von einem zum anderen Mitarbeiter verbunden werden müssen, sondern einen zentralen Ansprechpartner haben. Die Umstellung auf ein Arbeitspreissystem und die Einbeziehung der Anschlusswerte waren auch überfällig. Denn von den Anschlusswerten hängt auch ab, was wir ins Netz investieren und vorhalten müssen. Wenn der Anschlusswert keine Rolle spielt, gibt jeder, um auf der sicheren Seite zu sein, mehr an. Das heißt für den Versorger, er muss diese Leistung vorhalten, aber im Grunde ist es eine Leerinvestition.
Andere Versorger haben für den Herbst deftige Preiserhöhungen angekündigt. Wie sieht es bei den Stadtwerken aus?Wir werden unsere Preise wie alle anderen auch immer wieder anpassen müssen. Wir werden im Herbst auch erhöhen, aber deutlich unter dem, was in den letzten Wochen deutschlandweit durch die Medien gegeistert ist.
Projekt: Dampfnetzablösung Cottbus