Ausgeklügeltes Lüftungssystem / Luftqualität wird überwacht / 78 000 Euro weniger Heizkosten pro Jahr
Prima Klima im Max-Steenbeck-Gymnasium Annette Neupetsch, Schulleiter Andreas Käßner, Frank Krah und Dr. Tobias Häusler (v.r.) am Experimentierplatz im Schülerlabor, wo die Daten der Raumklima-Überwachung einlaufen. Foto: Nicole Nocon
Im Steenbeck-Gymnasium lernen kluge Köpfe. Aber das Gebäude, in dem sie lernen, ist nicht minder clever. Das Schulhaus in der Universitätsstraße wurde mit intelligenter Technik ausgestattet, die unter anderem die Lüftung in dem Gebäudekomplex steuert. BTU-Wissenschaftler wachen darüber, dass alles richtig funktioniert.
Wenn viele Schüler in einem Klassenzimmer lernen und beim Lösen kniffliger Matheaufgaben die Köpfe qualmen, herrscht schnell dicke Luft. Doch im Max-Steenbeck-Gymnasium (MSG) wird das Raumklima genau überwacht. Denn das Schulgebäude wurde nicht nur nach Passivhauskriterien saniert. Zusätzlich wurden auch Fördermittel des Bundes für ein zweijähriges Monitoring eingeworben. Zwei Jahre lang überwachen Wissenschaftler der BTU Cottbus-Senftenberg mittels spezieller Messtechnik unter anderem die Luftqualität in den Klassenzimmern. Hierfür wurden im Schulgebäude sechs Sensoren installiert, die den Kohlendioxidgehalt der Raumluft messen.
Keine Gefahr bei Rot
Hin und wieder kommt es vor, dass eines der Kontrolllämpchen von Grün auf Rot springt. "Das geschieht immer dann, wenn ein Kohlendioxidgehalt von 1400 ppm erreicht wird. Ein Grund zur Beunruhigung ist das aber noch lange nicht. Der zulässige Grenzwert liegt bei 5000 ppm", erklärt Dr. Tobias Häusler vom BTU-Lehrstuhl Angewandte Physik/Thermophysik, der das Monitoring leitet. "In einem frisch gelüfteten Raum liegt der Kohlendioxidgehalt in der Regel ungefähr bei 400 ppm. In einem normalen Klassenraum, der während vier Unterrichtsstunden nicht gelüftet wird, ist ein Kohlendioxidgehalt von 5000 ppm nicht ungewöhnlich. Wenn nicht gelüftet wird, liegt der Wert schon nach zehn Minuten bei 1500 ppm. Das ist gesundheitlich nicht bedenklich. Aber die Konzentrationsfähigkeit lässt nach, bei 1400 ppm etwa um zehn Prozent", sagt Häusler.
Diplom-Ingenieur Frank Krah von der Cottbuser Integral-Projekt GmbH hat das Lüftungskonzept für das MSG mitentwickelt. "Wir wollen, dass sich die Schüler im Unterricht zu 100 Prozent konzentrieren können. Die Lüftungsanlage ist so eingestellt, dass einzelne Spitzen von 1800 nie überschritten werden. Das hat das Monitoring im ersten Jahr nach dem Einzug gezeigt. Wenn die voreingestellte Lüftung doch einmal nicht ausreicht und ein Kontrolllämpchen auf Rot springt, dann kann die Lüftung im betroffenen Raum von Hand zugeschaltet werden", erklärt Frank Krah.
Da Lüftungsanlagen Energiefresser sind und im Passivhaus ein bestimmter Energieverbrauch nicht überschritten werden darf, haben Krah und sein Team für das MSG ein ausgeklügeltes System entwickelt. "Der Lüftungsplan ist an den Stundenplan gekoppelt, das heißt, dass die Lüftung nur in den Räumen läuft, die auch belegt sind. Wenn es zu spontanen Verschiebungen in der Raumverteilung kommt, dann kann die Lüftung für die einzelnen Klassenzimmer manuell zugeschaltet werden. Und sollte am Ende einer Unterrichtsstunde die Luft doch mal dicker werden, dann können auch die Fenster für wenige Minuten geöffnet werden. Das ist in einem Passivhaus durchaus erlaubt", betont Krah.
Kinderkrankheiten
Im ersten Jahr nach dem Einzug waren noch ein paar Nachjustierungen an der Steuerung der Gebäudetechnik nötig. "Es wird immer weiter optimiert. Und auch wir Lehrer wurden instruiert, worauf wir achten müssen", sagt Schulleiter Andreas Käßner. Insgesamt sei die Technik aber schulalltagstauglich. "Wir wollen uns nicht von der Technik beherrschen lassen. Wir wollen die Technik als Schule mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt beherrschen", stellt Käßner klar. Denn für die Steenbeck-Schüler sorgt die Gebäudetechnik des Schulhauses nicht nur für Wohlfühlklima. Mit den Fördermitteln für das Monitoring wurde für die Nachwuchsforscher im Schülerlabor auch ein Experimentierplatz mit Messgeräten eingerichtet, an dem sie angeleitet von Tobias Häusler das Raumklima im Schulhaus kontrollieren können.
Annette Neupetsch vom Fachbereich Immobilien der Stadtverwaltung hat die Sanierung des neuen MSG als Projektleiterin begleitet. Sie erinnert sich an rege Diskussionen in der Planungsphase. Inzwischen schaut sie sehr zufrieden auf das, was gemeinsam mit allen Beteiligten erreicht wurde: "Wir haben ein typisches Plattenbau-Schulgebäude aus den 1970er-Jahren so saniert, dass es Passivhauskriterien genügt. Das ist einmalig und könnte durchaus Schule machen", sagt Annette Neupetsch. Auch das Energiekonzept ist offensichtlich aufgegangen. Tobias Häusler hat die Daten des ersten Jahres mit denen des letzen Schuljahres am alten Steenbeck-Standort verglichen: "Obwohl das vorherige Schulgebäude im letzten Jahr nur zur Hälfte genutzt wurde, liegt unsere jetziger Energieverbrauch um 82 Prozent unter dem alten Wert.
Das bedeutet, dass wir eine Heizkostenersparnis von 78 000 Euro pro Jahr erreicht haben. Hinzugekommen sind dafür 10 000 Euro Stromkosten für die Lüftungsanlage. Passivhäuser dürfen maximal 34 Kilowattstunden Strom pro Quadratmeter und Jahr verbrauchen. Das MSG liegt 2013 trotz des sehr langen Winters bei 32 Kilowattstunden."
Nicole Nocon
Projekt: Max-Steenbeck-Gymnasium